Berichte & Studien

Piezotechnik eröffnet Möglichkeiten in der Endodontie

Abgestimmte Systeme für orthograde und retrograde Indikationen

Endodontie bedeutet Zahnerhaltung. Wer seinen Patienten die beste Behandlung bieten möchte, wägt vor einer Implantation sorgfältig ab. Doch endodontische Behandlungen können ihre Tücken haben, das gilt besonders für Revisionen. Wichtige Problemlöser sind orthograde und retrograde Ultraschall-Instrumente. Hierfür stehen Antriebe in unterschiedlicher Leistungsintensität zur Verfügung.

Für endodontische Anwendungen eignet sich am besten Ultraschall, der auf dem piezoelektrischen Effekt beruht (1, 2). Entsprechende Instrumente (Einsätze) werden mithilfe angeregter Kristalle in definierte, überwiegend axiale Schwingungen versetzt. Abgestimmte Antriebe verstärken diese mehr oder weniger intensiv. Entsprechend können neben orthograden auch chirurgische Indikationen im Knochenbereich sehr effizient abgedeckt werden.

Orthograde Ultraschallbehandlung

Bei orthogradem Ultraschall sind Gefühl, gute Ausleuchtung und fein abgestimmte Einstellungen wichtig. Die erforderliche Leistung ist geringer als bei chirurgischen Indikationen und wird ausgehend von niedrigen Werten allmählich gesteigert. Für alle Schritte mit direkter Sicht genügt in der Regel eine Lupenbrille mit 4- bis 16-facher Vergrößerung. Fehlt die direkte Sicht, wird idealerweise ein Operationsmikroskop verwendet.

Für orthograde Ultraschallbehandlungen lassen sich neben Spezialgeräten sehr gut Piezo-Einheiten nutzen, die auch für das parodontale Debridement verwendet werden (zum Beispiel Tigon, Tigon+, oder Pyon von W&H). Durch eine stufenlose Regulierung und drei unterschiedliche Behandlungsmodi (Tigon+) kann die Leistung sehr fein abgestimmt werden. Bei den beiden Tigon-Modellen wird das Arbeitsfeld durch das einzigartige, im Handstück integrierte 5-fach Ring LED ausgeleuchtet.

Orthograde Vielfalt in der Endodontie

Die Abbildungen 1 bis 3 zeigen Instrumente (Einsätze) aus einem neuen, erweiterten Set von W&H für die orthograde Endodontie.

Piezo-Instrument 4E
Abb. 1: Mit dem Piezo-Instrument 4E für Tigon/Tigon+/Pyon (W&H) lässt sich der Kavitätenboden schonend bearbeiten, um bei Sekundär- und Tertiärdentinbildung alle vorhandenen Wurzelkanäle aufzuspüren.
(Abb. 1 - 3: Dr. Nouraie Ashtiani, Bremen)

Das Set ist auf die oben genannten Geräte abgestimmt und wurde mit sechs Einsätzen schlank und zugleich anwendungsorientiert gestaltet.

Von der Darstellung des Pulpabodens (neu: 4E) (Abb. 1) bis zur lateralen Kondensation (2E) deckt es alle häufigen Indikationen ab.

Aktivierung mit Ultraschall verbessert signifikant die Reinigungs- und Desinfektionswirksamkeit endodontischer Spüllösungen (3).

Der frei schwingende Einsatz 1E wurde für diesen Zweck gezielt weiter entwickelt (Abb. 2).

Er ist so flexibel, dass er auch für gekrümmte Kanäle vorgebogen werden kann und entsprechend weiter nach apikal vordringt als starre Instrumente.

Piezo-Instrument 1E
Abb. 2: Eine ultraschallaktivierte Spülung erhöht signifikant die Desinfektionswirkung und damit den Behandlungserfolg. Das weiterentwickelte Piezo-Instrument 1E folgt dem Verlauf gekrümmter Kanäle.
Piezo-Instrument 3E
Abb. 3: Das fein diamantierte Piezo-Instrument 3E eignet sich zum Beispiel für das Freipräparieren frakturierter Wurzelkanalinstrumente.

Ein großer Vorteil der abgewinkelten Piezo-Einsätze ist die bessere Sicht auf das Arbeitsfeld im Vergleich zu rotierenden Instrumenten. Für Revisionen stehen Einsätze zum Entfernen von Wurzelfüllmaterial, Gängigmachen von Kanälen (neu: 6E), Einvibrieren oder Lockern von Wurzelstiften (neu: 5E) und für das zirkuläre Freipräparieren frakturierter WK-Instrumente (optimiert: 3E) (Abb. 3) zur Verfügung.

Für uneingeschränkte Sicht auf die Präparationsstelle und um störende Lichtreflektion zu vermeiden, sollte die Präparation trocken, also ohne Wasserzufuhr erfolgen (1).

Effektive, schonende Endo-Chirurgie

Viele implantologisch ausgerichtete Zahnärzte sind mit der Piezochirurgie vertraut. Diese Technik erlaubt eine hocheffektive Knochenpräparation, besonders mit Geräten der neuesten Generation wie dem Piezomed von W&H.

Dieses ist mit einer Geräteleistung von 24 Watt signifikant stärker als piezoelektrische Geräte für die orthograde Endodontie (maximale Ausgangsleistung Tigon+: 10 Watt).

Dr. Nouraie Ashtiani
Abb. 4: Zu erfolgreicher Endodontie gehört neben vergrößernden Sehhilfen und guter Ausleuchtung auch ein modernes Ultraschallsystem
(im Bild: Dr. Nouraie Ashtiani).

Mit piezochirurgischer Technik wird zunächst der über dem Defekt liegende Knochen schnell und gezielt abgetragen (4, 5). Wurzelspitzen lassen sich ebenfalls sehr wirksam abschrägen, retrograde Kavitäten mit einer Auswahl gewinkelter oder über den Schaft gebogener Einsätze gezielt präparieren (6). Damit ist für den gesamten Eingriff nur ein Antriebsgerät erforderlich. Die einzigartige automatische Instrumenten-Erkennung des Piezomed erhöht zudem die klinische Sicherheit.

Trotz hoher Effektivität des Geräts werden Weichgewebe aufgrund der mikro-oszillierenden Instrumentenbewegung geschont (7, 8). Im Bereich der Endochirurgie ist das zum Beispiel bei Zystektomien relevant, die eine feingewebliche Untersuchung erfordern (Abb. 5 und 6). Von Vorteil ist auch das sterile Flüssigkeitsmanagement des Piezochirurgie-Geräts.

retrograde Endodontie
Abb. 5: Für die retrograde Endodontie steht mit dem Piezomed Gerät und passendem Instrumenten-Set ein effizientes piezo-chirurgisches System zur Verfügung.
retrograde Endodontie
Abb. 6 Bei Zystektomien wird zum Beispiel der Knochen sehr effektiv abgetragen, das Weichgewebe zugleich geschont. (Fotos: Dr. Dragana Gabric, Universität Zagreb, Kroatien)

Ultraschall, speziell nach dem piezoelektrischen Prinzip, hat sich für zahlreiche endodontische Anwendungen etabliert. Während für orthograde Indikationen Geräte mit geringerer Ausgangsleistung und abgestimmtem Instrumentarium geeignet sind (zum Beispiel das neue Endo-Set von W&H), gelingen retrograde endochirurgische Eingriffe mit dem piezochirurgischem System Piezomed mit hoher Effektivität und klinischer Sicherheit.

Praxisorientierung mit System

Beim orthograden Endodontie-Set ließ sich das österreichische Dentalunternehmen W&H von erfahrenen Zahnärzten beraten, unter anderem von Dr. Andreas Bartols, MA, Leiter der Poliklinik für Endodontie an der Akademie in Karlsruhe und Dr. Nouraie Ashtiani, Zahnarzt mit den Tätigkeitsschwerpunkten Endodontie und Oralchirurgie (Bremen). Ein über viele Jahre aufgebautes internes Entwicklungs-System gewährleistet bei W&H eine klare Orientierung an den Anforderungen der täglichen Praxis.

Literatur

  1. Hargreaves KM, Cohen S. Cohen's Pathways of the Pulp, Tenth Edition. St. Louis: Mosby, 2011.
  2. Plotino G, Pameijer CH, Grande NM, Somma F. Ultrasonics in endodontics: a review of the literature. Journal of endodontics 2007;33:81-95.
  3. van der Sluis L, Wu MK, Wesselink P. Comparison of 2 flushing methods used during passive ultrasonic irrigation of the root canal. Quintessence international (Berlin, Germany : 1985) 2009;40:875-879.
  4. Grötz KA, Schmidt BL. Piezo-Chirurgie iin der zahnärztlichen Chirurgie - Update 2011. Dtsch Zahnärztl Z 2011;66:432-439.
  5. Abella F, de Ribot J, Doria G, Duran-Sindreu F, Roig M. Applications of piezoelectric surgery in endodontic surgery: a literature review. Journal of endodontics 2014;40:325-332.
  6. De Paolis G, Vincenti V, Prencipe M, Milana V, Plotino G. Ultrasonics in endodontic surgery: a review of the literature. Annali di stomatologia 2010;1:6-10.
  7. Schlee M, Steigmann M, Bratu E, Garg AK. Piezosurgery: basics and possibilities. Implant dentistry 2006;15:334-340.
  8. Vercellotti T. Essentials in Piezosurgery: Clinical Advantages in Dentistry: Quintessence Publishing, 2009.

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